188 Tage auf unserem schwimmenden Zuhause
Ein halbes Jahr sind wir nun schon unterwegs mit unserer Principessa, unserem Zuhause auf dem Meer. Gerne möchte ich den Zeitpunkt nutzen, um meine Gedanken über die vergangene Zeit mit euch zu teilen und hier in Worte zu fassen.
Ich habe viel erlebt, viel gelernt und viel gestaunt. Überraschend schnell habe ich mich an die neuen Lebensumstände gewöhnt. Hatte ich mir doch im Vorhinein unendlich viele Gedanken gemacht über das Zusammenleben als Paar genauso wie als Gruppe, über den engen Raum, sowie die Weite des Ozeans, darüber wie wir unseren Alltag gestalten und Probleme bewältigen werden. Kurz vor dem Beginn der Reise drehten sich jedoch auch viele Gedanken darum, ob wir die Reise überhaupt trotz Corona so leben und umsetzen können wie wir uns das vorstellen.
Ich habe immer halb im Scherz halb Ernst davon gesprochen, dass ich während unserer Reise nur im Bikini herumlaufen werde und habe mich gefreut auf die Sandstrände in der Karibik und das Faschingfeiern in Trinidad. Anders als geplant sind wir zwei Wochen später aus San Giorgio di Nogaro ausgelaufen und anders als geplant, lief fast alles auf dieser Reise. Obwohl wir die ersten zwei Monate wenig von den Ländern und Regionen hatten und wenige Segler kennengelernt haben, kamen wir viel langsamer voran als gedacht. Geschuldet war dies vor allem auch den Stürmen in Kroatien, die ja auch so überhaupt nicht zu meiner Wunschvorstellung ein Jahr im Bikini zu segeln passte. Hätte ich da schon gewusst, dass ich in Menorca bei 9 Grad mit Sturmmaske segeln werde, hätte ich die Reise wahrscheinlich abgebrochen.
Der Traum als vier Freunde ein Jahr lang unterwegs zu sein zerschlug sich nach 3 Monaten auch schneller als gedacht und rückblickend waren wir sogar nur knapp einen Monat wirklich zu viert unterwegs. Diese Veränderung in der Crew hatte mich zunächst sehr verunsichert und auch aufgewühlt, hatte ich mir doch so sehr eine Freundin und weibliche Unterstützung gewünscht für diese intensive Reise. Nach drei Monaten zu dritt, weis ich aber nun, dass nur wir die perfekte Crew sind.
Doch es veränderte sich nicht nur die Crew, sondern auch unsere Route und so verwarfen wir die Pläne über den Atlantik zu segeln. Ebenfalls ist auch die Einstellung zu vielen Dingen im Wandel wie beispielsweise, dass ich ganz lange definitiv keinen Föhn auf dem Schiff haben wollte. Bei der Kälte in Sardinien mussten mich Mike und Tobi sehr ermutigen mir einen zu zulegen. Durch Kleinigkeiten wie diese habe ich mir selber neu vor Augen geführt, in welchen Bereichen ich gerne Abstriche machen kann und wo ich mir selber das Leben auf dem Schiff schwer mache.
Wenn ich diese Zeilen schreibe muss ich Lächeln und freue mich nun in der Wärme der Kanaren zu sein, meine Haare endlich von der Sonne trocknende zu lassen, unsere Gruppendynamik zu genießen und zu wissen, dass uns Corona nicht aufhalten konnte.
Die zurückgelegten 3000 Seemeilen waren intensiv und wunderschön, ich habe die Zeit auf dem Wasser genossen und bin nun aber auch dankbar einmal einen Monat auf der selben Insel bleiben zu können und nicht „Strecke machen zu müssen“.
Neben all dem Bauchweh vor lachen und leuchtenden Augen auf Grund der Sonnenuntergänge und Delphine ist es vor allem auch wunderschön, Teil dieser großen Seglerfamilie zu sein. So viele Kontakte und auch gute neue Freunde zu haben. Personen die sich nach Heimat und Geborgenheit anfühlen und die ich in meiner Zukunft nicht missen will. Ich habe das Gefühl gelassener geworden zu sein und viele persönliche Hürden überwunden zu haben. Ich Blicke zurück auf Momente die mich voller Staunen und freudigem kribbeln erfüllt haben, auf das erklimmen von Vulkankrater, Besichtigungen von Plantagen, das bewältigen des Tauchscheins und das erste Mal selber Avocados von wilden Avocadobäumen zu pflücken.
Ich blicke mit einem lächeln im Gesicht auf unsere bevorstehende Zeit auf jeden einzelnen Tag und all die kommenden Wochen. Wir Erleben jeden Tag so viele neue Dinge, dass ich es kaum abwarten kann, zu entdecken was das Leben wohl noch alles für uns bereit hält.
Schön, dass du auf unserem Weg mit dabei bist.
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