5 Tage auf dem Atlantik – 3 Sichtweisen

Published by Janina Storjohann on

5 Tage auf dem Meer, 619 Seemeilen in 109 Stunden. Mittelmeer, die Strasse von Gibraltar und dann der Atlantik. Der zweit grösste Ozean unserer Erde, wenn wir diese Zeilen schreiben und lesen fühlt es sich verrückt an. Verrückt positiv und auch stolz, dass wir zu dritt diese grosse Etappe gemeistert haben.

Gerade für viele Langfahrten Segler wären fünf Tage eine kurze Etappe, verglichen, welche Überfahrten einem bei einer Weltumseglung bevorstehen würden. Doch für uns war es die bisher längste Überfahrt und ein grosses Wagnis. Wir waren gespannt, wie sich Wind und Welle verhalten, wie unsere Principessa die Bedingungen meistert aber natürlich auch wie wir als Crew und jeder individuell und persönlich die Zeit erleben wird.

Janinas Eindrücke:

So eine lange Überfahrt war absolutes Neuland für mich, ich war im Vorhinein sowohl nervös als auch in freudiger Erwartung. Da ich in vorherigen Überfahrten immer wieder mit einem flauen Gefühl und auch Seekrankheit kämpfen musste, machte ich mir vor allem auch Gedanken über meine physische Verfassung. Hinzu kamen auch die Zweifel ob wir zu dritt nicht sehr schnell übermüdet sein werden. Unser Wachsystem, hatten wir so geplant, das Tagsüber jeder 3 Stunden Wachen hatte und Nachts 2,5 Stunden. Hinzu kommt jedoch auch noch die passive Wache. Während die Strasse von Gibraltar die Herausforderung der vielen Frachtschiffe mit sich brachte und viel Konzentration verlangte, waren es auf dem Atlantik die Wellen, welche zunächst nicht schön achterlich sondern eher steuerbord kamen. Die grösste Herausforderung war dann jedoch das unser Autopilot schon am zweiten Tag ausgestiegen ist, was bedeutete, dass man permanent mit voller Konzentration Steuern muss.

Gerade für mich, die bisher noch nicht viel Erfahrung am Steuer – vor allem bei 5m hohen Wellen – hatte, war dies zunächst auch eine Geduldsprobe. Immer und immer wieder schien es mir anfangs als ob die Wellen unsere Principessa aus Prinzip in die entgegengesetzte Richtung schaukelten. Doch sass zu beginn Mike noch neben mir, um mit Tipps und helfender Hand an meiner Seite zu sein. Kann ich sagen, bei der dritten Wache, fing mir das Steuern sogar an spass zu machen. Es ist ein ganz spezielles Prinzip des gemeinsamen Tanz von Schiff und Welle, doch hat man einmal den Rhythmus des Lieds begriffen, kann man sicher selber dem Tanz hingeben und diesen sogar geniessen. Wenn auch dies ein wunderschönes Gefühl war, konnte es nicht mit dem Glück mithalten, welches ich empfand, dass wir jeden Tag von Delphinen besucht wurden. Es sind Momente in denen ich mich absolut im hier und jetzt befinde, lachen muss wenn ich meine die Freude der Pirouetten und Sprünge der Delphine zu fühlen.

Mein persönliches Fazit ist: selten habe ich mich so frei gefühlt wie auf diesen paar Quadratmetern mitten auf dem Meer. Ebenfalls war es spannend, sich in dieser Blase zu befinden, in der sich ein ganz eigener Rhythmus entwickelt, die Uhrzeit nur eine Zahl ist wann du wieder Wache hast und das schaukeln des Schiffes sich so im Kopf festsetzt, dass ich sogar noch nach der Ankunft in Lanzarote mich zum Kochen mit den Füssen eingekeilt habe um den nicht vorhandenen Wellen zu trotzen.

Mikes Eindrücke:

Etwas nervös war ich schon vor der grossen Überfahrt. Wie es wohl sein wird 6 Tage auf See zu sein. Ob alles gut gehen wird? Wird sich das Wetter nicht zu sehr verändern? Für die Vorbereitung hatte ich meinem besten Freund in der Schweiz den Auftrag gegeben, ob er für mich das Wetter eine wenig im Auge behalten könne. Mir machte eine Tiefdruckgebiet etwas sorgen, dass sich mitten im Atlantik bildetet und nach den Vorhersage am 4. Januar auf den Kanaren eintreffen sollte. Wie wird sich dieses Tiefdruckgebiet entwickeln, wird es schneller werden und früher auf den Kanaren eintreffen. Wird es unsere Segelroute kreuzen, all das waren meine Gedanke im Vorfeld. Wir hatten die Reise mit etwas 4-5 Tage geplant und hatten so 1-2 Tage Reservezeit. Auch stellte sich für mich die Frage, werden wir zu Dritt gut die Schichten meistern können. Ich als Skipper verspüre immer vor solchen Überfahrten einen riesen Druck, gemischt auch mit etwas Angst, dass ich alle sicher ans Ziel bringen und niemanden etwas passiert. Am 29. Dezember legten wir gegen 16 Uhr ab. Zunächst lief alles sehr gut und wir fuhren gemütlich unter Segel Richtung Gibraltar. Dort entschieden wir uns relativ nahe am Felsen vorbei zufahren. Dort erlebte ich das erste Mal, was Fallböen wirklich sind. Die Winde kamen mit 25kn von den Bergen hinunter, und wechselten die Richtung im Sekunden Takt um 180 Grad. Schnell waren die Segel gerefft und die Reise ging weiter. Erstes Abenteuer auf der Fahrt abgehakt. Nun ging es darum die Strasse von Gibraltar zu durchqueren und dabei nicht mit einem der vielen Berufsschiffen zu kollidieren. Wenn man bedenkt, dass alle 5 min ein Container Schiff durch die Strasse von Gibraltar fährt und dazu noch die Fähren, Fischer und andere Schiffe kommen, muss man auf sehr viele Schiffe achten. Wir hielten uns nördlich und kreuzen die Strasse erst ganz am Ende. Was eine sehr kluge Idee war. Denn die Limonara durchquerte die Strasse der südlichen Küsten entlang und hatten mit grossen Wellen zu kämpfen. Nachdem wir die Strasse hinter uns gelassen hatten, wurden meine Ängste und Befürchtungen etwas kleiner und die Anspannung liess etwas von mir ab. Insgesamt klappte der Wachplan sehr gut bei uns und auch ich kam zu genügend schlaf. Nachdem am ersten Tag beide Autopiloten den Geist aufgegeben hatten, mussten wir von dort an Handsteuern. Zuerst hatte ich bedenken, ob die gut klappen würden bei Tobi und Janina, gerade weil beide noch nicht viel Erfahrung hatten, bei grosser Welle zu steuern. Doch beide lernten sehr schnell, sodass auch weiterhin alles gut verlief. Die Zeit der Überfahrt raste nur so an mir vorbei und das obwohl ich nicht viel gemacht hatte während der Überfahrt. Ich habe gerade einmal ein einziges Hörbuch gehört, nichts gelesen, keine Serie geschaut und trotzdem waren wir plötzlich nach 6 Tagen auf Lanzarote. Ein Meilenstein haben wir geschafft und ich als Skipper bin unendlich stolz auf Janina und Tobi, die souverän die Principessa durch den Atlantik gesteuert haben, ganz so als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Jetzt heisst es erstmal entspannen, die kanarischen Inseln entdecken und die Seele baumeln lassen.

Tobis Eindrücke:

Einerseits freute ich mich auf die kommende Erfahrung, war aber dennoch sehr nervös vor der Überfahrt. Meine Erwartungen an mich selbst trugen ihren Teil dazu bei, denn ich wollte nicht Seekrank werden, um meine Schichten alle gut bewältigen zu können, sowie wollte ich dazu beizutragen das die Stimmung an Bord gut ist und gleichzeitig das Segeln zu geniessen. Aber getreu meinem Motto: sich nicht verrückt zu machen und die ganze Zeit darüber nachzudenken was alles passieren könnte, wollte ich es so nehmen, wie es ist und das Beste daraus zu machen. Mit diesen Gedanken hat sie die anfänglich Nervosität rasch gelegt, denn wir haben uns soweit es geht auf die kommenden vier – fünfeinhalb Tage vorbereitet. Weshalb sich also den Kopf zerbrechen.

 Wunderbar beruhigend war, zu wissen, dass immer ein anderes Schiff in unsererNähe sein würde.Unsere neuen Freunde Simon und Lara mit Ihrer «Limonara» wollten zusammen mit uns die lange Etappe bestreiten.Zum Zeitpunkt des Auslaufens legte sich meine Nervosität und und blieb bis zur Strasse von Gibraltar auch verschwunden.In derStrasse angekommen, war es bei mir mit der Ruhe dann vorübergehend vorbei. Der rege Schiffsverkehr in der im Verhältnis zu den riesigen Frachtern und Fähren doch engen Meeresstrasse beunruhigte mich mehr als ich gedacht hatte. Das Problem war, dass man nachts, auf Sicht die Schiffe nicht auf den ersten Blick wahrnehmen konnte.Die Uferbeleuchtung spiegelte sich auf dem Wasser und die Positionslichter der Schiffe waren nicht mehr auszumachen.. Da ich mit 12 Jahren einen nächtlichen Zusammenstoss mit einem anderen Schiff schon erlebt hatte war es für mich eine kleine Herausforderung hier ruhig und gelassen zu bleiben.Umso schöner dann, die Strasse hinter uns zurückzulassen und den weiten Atlantik vor uns zu haben. Es war ein ehrfürchtiger Moment für mich zu wissen, gleich auf dem grossen Atlantik zu sein.Bald aber stiegen leider unsere Autopiloten aus, was die Schichtpläne komplett über Bord warf. Wir mussten die ganze Zeit auf Deck sein und von Hand steuern.Die grossen Wellen waren zu Beginn etwas gewöhnungsbedürftig.Es spielte sich aber rasch ein und die Zeit verging wie im Fluge.Nach den ersten zwei Tagen verlor ich das Zeitgefühl und lebte von Schicht zu Schicht. Das Schlafen war anfangs noch ein Problem, ging später aber ganz leicht wenn auch nicht so erholsam wie an Land. Die schönste Zeit war tagsüber wenn die Sonne schien. Da nahm ich mir einige Kissen und legte mich an Deck. Nachts wurde es frisch und es war nicht immer gemütlich, doch dies gehört zu einem Abenteuer auf See. So ging es vier Tage lang, bis am Horizont Land auftauchte.. Wir hatten es geschafft, Lanzarote kam in Sicht. Ich war zu diesem Zeitpunkt am Steuer als sowohl Land und auch der Telefon/Internet Empfang kamen. So musste ich erst mal allen schreiben dass wir sicher angekommen sind und dazu die Neujahreswünsche  überbringen. Dies vertrug sich nicht so gut mit dem Steuern und ich fuhr bisschen im Zick-Zack. Auf Lanzarote angekommen war ich wie erschlagen aber glücklich.

Categories: Überfahrt

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